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Stechschritt und Säbeltanz / Deutsch Magazin (6 Seiten) / 2006

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Stechschritt und Säbeltanz
Harter Drill und totale Unterordnung: In Chinas einziger Mädchen-Shaolin-Kung-Fu-Schule leben, lernen und leiden Kinder aus armen Familien. Fast alle haben einen Traum: Sie wollen Kung-Fu-Schauspielerinnen werden.
Foto: Jörg Müller
Alarm! Ein scharfer Klingelton zerreißt die Nacht. Der Schreck saust in die Glieder. Der Schmerz sticht in den Ohren. Erst nach einer Minute verstummt das akustische Signal. Es ist Freitagmorgen, zehn vor halb sechs und ziemlich kalt hier oben in den Bergen des Song Shen-Gebirges. In Chinas einziger Shaolin-Kung-Fu-Mädchenschule beginnt der Tag. Offizierin Ny Ying-Wang belauert durch die Fenster das für ihren Geschmack »viel zu lasche« Erwachen ihrer Zöglinge. Die 24-jährige Ausbilderin wippt ungeduldig mit dem Fuß: Sie ist Mitglied der Kommunistischen Partei, Offizier der Reserve und Trägerin des fünften Kung-Fu-Dans. Alle 70 zwischen sechs und 19 Jahre alten Kampfkunst-Kadettinnen haben großen Respekt vor »Commander Wang«. So nennen sie die stramme Sportskanone hinter vorgehaltener Hand. Am Fahnenmast hoch über dem steinernen, blitzsauber gefegten Appellplatz flattert die rote Staatsflagge.
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Das von Mauern und Eisentor wie eine Kaserne von der Außenwelt abgeschirmte Mädcheninternat liegt in direkter Nachbarschaft zum Yongtai-Tempel. Der gilt als Wiege des Zen-Buddhismus sowie Ursprungsort des Shaolin-Kampfsports für Frauen. Noch heute leben, meditieren und arbeiten hier ein gutes Dutzend kahl geschorene buddhistische Kampfnonnen an ihrer Erleuchtung, am perfekten Zusammenspiel zwischen Körper und Geist.
Das Shaotin-Kung-Fu hat seine Wurzeln in der Lehre Buddhas: Im Jahr 520 nach Christus brachte es der indische Mönch Boddhidharma nach China. Um die körperlichen Voraussetzungen für monatelange Meditationen zu schaffen und den Körper wieder beweglich zu machen, entwickelte Boddhidharma Kampfübungen zur Auflockerung und Stärkung des Körpers. Da der Buddhismus Gewalt gegen Lebewesen ablehnt, wurden die Übungen schon immer gewaltlos trainiert und nur in Notsituationen zur Selbstverteidigung angewandt: Wenn die Mönche und Nonnen durchs Land zogen, konnten sie sich bei Überfällen wehren und die verblüfften Angreifer mit ihren spektakulären Tritt- und Schlagtechniken in die Flucht schlagen.
Das landesweit bekannte Yongtai-Kloster ist ein idealer Werbeträger für die 1999 eröffnete Mädchen-Kampfsport-Schule. Sie wurde von einer reichen Chemiefabrikantin für Töchter aus armen Familien gebaut. Die Unternehmerin wollte mittellosen Mädchen eine Karriere chance bieten. Und diese Chance heißt im modernen China Kung-Fu Filmproduktionen rekrutieren in Yongtai bereits Darstellerinnen für
Shaolin-Soaps und Kinofilme. Beim Militär, bei der Polizei, als Stewardess - in vielen Branchen werden die Shaolin-Studentinnen bevorzugt eingestellt. Wegen ihrer Kämpferqualitäten. Und wegen der bei chinesischen Bonzen und Bossen beliebten Charaktereigenschaften: Die Mädchen aus Yongtai gelten als besonders folgsam, fleißig, diszipliniert, leidensfähig und robust. Ihnen all diese Eigenschaften einzutrichtern, dafür sind Ausbilderinnen wie Ny Ying-Wang da. Nicht schlechte 2000 Yuang pro Monat (gut 200 Euro) bekommt sie für ihren Job. Plus Prämien, wenn ihre Schützlinge Filmrollen ergattern oder bei Turnieren Medaillen abräumen.
Wie immer hat sie sich auch an diesem Morgen direkt neben ihrem Leitspruch postiert: »Großer Wille erreicht große Ziele«, steht in gelben Schriftzeichen an die rotbraune Wand gepinselt. Eine alte chinesische Weisheit, gut leserlich im Schein der Laterne - und die Kung-Fu-Meisterin steht wie ein Ausrufezeichen daneben. Die Mädchen schlüpfen schnell in die rot-gelben Trainingsanzüge, stolpern schweigend aus den zugigen Zwölf-Betten-Behausungen. Ein bis anderthalb Meter kleine, durchtrainierte Körper mit meist langen Haaren, noch schlaftrunkenen Bewegungen und bereits gehetzten Gesichtern.
Die Freundinnen Ting Yu-Fun (13) und Jia Guo (16) sind schon draußen. Commander Wang belohnt sie mit einem Lächeln. »Unsere Besten«, erklärt sie stolz. »An ihnen können sich alle anderen ein Beispiel nehmen.« Ting Yu, die niedliche Bauerntochter mit der Spange
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im Haar - sie will bei den Olympischen Spielen in Peking 2008 Kung-Fu-Olympiasiegerin werden.
»Ehre fürs Vaterland, für die Schule, für die Familie erkämpfen«, sagt das ebenso flinke wie ehrgeizige Fliegengewicht.
Zimmergenossin Jia, ein bildhübsches Arbeiterkind, das die Haare streng nach hinten gekämmt trägt und in einem dicken Zopf münden lässt, will Filmstar werden. Sie, die rechtschaffene, schöne Kung-Fu-Künstlerin mit dem blinkenden Schwert, erfolgreich im Kampf gegen das destruktive Böse. Gegen die Feinde des Fortschritts. Vielleicht als Agentin einer Polizei-Spezialeinheit. So stellt Jia sich ihre Rollen vor. Damit ihr Traum Wirklichkeit wird, studiert sie hier bereits seit drei Jahren und vielleicht noch weitere drei - maximal dauert die Ausbildung in Yongtai sechs Jahre. Durch das Kung-Fu, glaubt die Kleinstädterin, hat sie viel größere Chancen, Filmrollen zu bekommen als Mädchen aus regulären Schauspielschulen. »Hübsche Mädchen gibt es viele in China«, erklärt Jia ihre Strategie. »Hübsche Mädchen, die etwas Besonderes können, gibt es wenige. Die Ausbildung hier ist einmalig. Das Shaolin-Kung-Fu gibt mir Selbstvertrauen und Sicherheit. Es macht mich schön und innerlich ausgeglichen. Später beim Film werde ich meinen Kolleginnen und Konkurrentinnen im Kampf um die großen Rollen in vielerlei Hinsicht überlegen sein. Weil ich gesund, widerstandsfähig und mit mir selbst im Reinen bin. Und weil ich kämpfen kann.«
Um halb sechs schrillt die Sirene zum zweiten Mal. Wischt alle
Träume weg. Und wieder verstummt der Trommelfell-Killer erst nach einer knappen Minute. Gin Yue-Wei kommt als letzte angehetzt. »Ich war auf der Toilette«, entschuldigt sich das Minimädchen vor versammelter Mannschaft und macht einen schüchternen Knicks. Gin Yue ist gerade sechs Jahre alt geworden, die Jüngste und erst seit vier Wochen in der Kung-Fu-Kaserne. Ihre Eltern wohnen gut 2500 Kilometer weit weg. Die strengen Schulregeln sind ihr noch nicht in Fleisch und Blut übergegangen. Sie hat noch Babyspeck um die Hüften und ein rosiges, pausbäckiges Gesicht. Wirkt noch verspielt, verschmitzt, verträumt. Jetzt fast wie ein Fremdkörper unter all den uniformen Kindfrauen.
Commander Wang wirft der Kleinen einen bösen Blick zu. Mit einer Kopfbewegung bedeutet sie ihr, schleunigst ins Glied zu treten. Ganz nach hinten. Strafe muss sein. Aber kurz darauf zum Glück auch ein aufmunternder, versöhnender Schulterklaps. »Nach rechts ausrichten. Bauch rein, Brust raus. Hände an die Hosennaht«, befiehlt die Drillspezialistin dann und vergräbt ihre Hände bis zum Anschlag in den Taschen ihrer blauen Baumwolljacke: »Stillgestanden. Augen rechts. Augen geradeaus«. Die Shaolin-Soldatinnen stehen stramm. Kein Mucks. Kein Witzeln oder Wackeln. Nicht mal die Winzlinge im Fast-Vorschulalter ganz links in der kerzengerade ausgerichteten Kompanie, die Commander Wang jetzt mit scharfem Blick und rasseln dem Schlüsselbund abschreitet, zucken. »Geht doch«, tobt die gewiefte Genossin, und dabei huscht der Hauch eines Lächelns über
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ihre rot geschminkten Lippen. Dann folgt schon das nächste Kommando: »Bereit machen zum Ausrücken. Arme anwinkeln. Rechts um. In Marschformation im Laufschritt Marsch.«
Die kleinen Kinderfüße trommeln über den Steinfußboden durch das weiße Eisentor hinaus unter den funkelnden Sternenhimmel. Als erstes steht der 3 000-Meter Lauf an. Im Anschluss trainieren die zähen Mädchen auf dem Parkplatz vor dem Tempel im Gleichschritt, sogar im Stechschritt zu marschieren. Commander Wang ist voll in ihrem Element. Militärische Grundausbildung ist ihr Ding.
Sie und die anderen Ausbilderinnen lassen die Kinder die Schulhymne skandieren (»...um Frauen-Kung-Fu weiter zu entwickeln und zur vollen Entfaltung zu bringen, lernen wir fleißig und machen später dem Vaterland Ehre...«), wie Frösche steile Anstiege hochhüpfen und im Entengang wieder runterwackeln, Gewichte stemmen, Schwerter schwingen, Fäuste und Füße fliegen. Und wie Puppen mit eingebauten Sprungfedern durch die Luft wirbeln. Gesprochen wird nur nach Aufforderung. Gealbert, getratscht oder geneckt fast gar nicht. Den ganzen Tag geht das so. Es ist ein ebenso graziles wie beeindrucken des Schauspiel mit schönen, kraftvollen Bewegungen. Die balletähnlichen Säbeltänze und kunstturnartigen Verrenkungen dauern an, bis es längst schon wieder dunkel ist und um zehn vor neun Uhr die Sirene das letzte Mal zum Zapfenstreich schrillt. Dann legt der kollektive Eifer eine Vollbremsung hin.
Die Mädchen, die nie murren, kommen aus fast allen, oft Tausende
von Kilometern entfernten Provinzen der riesigen Volksrepublik. Sie sind Leistungssportler. Sie sind trotz der strengen Regeln gern hier. Sie tun sich nur beim Kickboxen gegenseitig weh.
Alle mussten eine Aufnahmeprüfung bestehen und nachweisen, dass sie auch wirklich aus armen Verhältnissen stammen. Ihre Eltern zahlen 6000 Yuan (gut 600 Euro) Schulgeld pro Jahr. Sie hoffen, dass ihren Kindern später die weite Welt und die lukrativen Jobs offen stehen. Dass sie nicht, wie sie selbst, für einen Hungerlohn auf dem Feld ackern oder in der Fabrik schuften müssen. Viele nehmen Kredite auf oder borgen sich das Ausbildungsgeld, rund die Hälfte ihres durchschnittlichen Jahresverdienstes, in der Verwandtschaft zusammen. Sie übergeben ihre Kinder in die Obhut der Erzieherinnen und sehen sie meist nur ein Mal im Jahr - in den Ferien zum Frühlingsfest.
Bei überdurchschnittlichem Talent werden in Yongtai auch Kämpfernaturen wie Ma Li-Jun (13) rekrutiert, deren Eltern das Schulgeld nicht berappen können. »Ich bin dankbar, dass ich hier Shaolin Studieren darf. Kampfkunst ist meine Leidenschaft«, sagt Ma Li brav, mit schüchtern zum Boden gerichtetem Blick. »Ich werde das Vertrauen, das die Lehrer in mich setzen, ganz sicher nicht enttäuschen. Das verspreche ich. Dafür kämpfe ich jeden Tag um bessere Leistungen.« Wen man auch fragt, fast alle Shaolin-Schülerinnen wollen Schauspielerin werden, in einer der zig Kung-Fu-Produktionen mitspielen. Infiziert von diesem Virus wurden
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sie vor dem heimischen Bildschirm. Die gut 60 chinesischen Fernsehsender berieseln das Milliardenvolk den ganzen Tag lang mit Hau-Drauf-Dramen und Tritt-Zu-Klamotten. In der Filmindustrie im Reich der Mitte herrscht ein riesiger Bedarf an frischen Gesichtern und Körpern. Ein Schauspieler ist der Held einer ganzen Generation: Xiaolong Shi.
Jeder Teenager im Land kennt den Glatzkopf mit den Gummiknochen. Der 17-Jährige hat mit zwei Jahren angefangen, Kung-Fu zu lernen und mit vier seine erste Rolle bekommen. Mittlerweile 18 Filme mit Titeln wie »Whirlwind Boy«, »The Dragon in Shaolin«, »Magical Boy« oder »Enemyless Fighter« gedreht. Er hat Millionen verdient und die Welt gesehen. Er ist, wovon sie fast alle träumen: bejubelter Superstar. Für Xiao Bing-Du ist der Traum schon ein Stück wahr geworden. Die 17-Jährige, seit 2001 in Yongtai, kommt gerade vom mehrwöchigen Filmdreh mit dem Titel »Geschichte einer Heldin« zurück. Xiao Bing spielt die Hauptrolle in der Romanverfilmung des Bestsellerautors Jing Yong. Es heißt, dass überall auf der Welt, wo ein Chinese lebt, mindestens ein Roman des Kung-Fu-Kultautors im Bücherregal steht. 40, 50 Millionen Chinesen werden den Fernsehfilm im kommenden Herbst sehen.
Die Schauspielerin trägt ihr Selbstbewusstsein im dezent geschminkten Gesicht, am Körper Bluejeans und einen schwarzen Rollkragenpullover mit »Diet Coke«- Aufschrift. Sie wird umringt, bewundert und ausgefragt von den anderen Kung-Fu-Schülerinnen.
Bis Commander Wang dazwischen geht. »Was sie erreicht hat, könnt ihr alle schaffen«, sagt die strenge Ausbilderin und deutet auf die mit den gelben Parolen voll gepflasterte Wand. »Großer Wille erreicht große Ziele. Xiao Bing ist der Beweis.« Der angehende Superstar nimmt Haltung an. Und lächelt: »Jawohl«. Dann schnappt sie sich ein Schwert und vollführt ein paar Kunststücke damit. Das sieht sehr elegant aus. Und anmutend. Und natürlich auch ein bisschen gefährlich.
Am Sonntag ist ausschlafen befohlen. Bis sieben Uhr. Danach Stuben- und Revierreinigung mit anschließender Putz- und Flickstunde. An jedem zweiten Sonntag geht's zum Duschen in die zwölf Kilometer entfernte Stadt Dengfeng. Parolen, die die Moral der bezopften Truppe verbessern und die Mädchen zu größeren Leistungen anspornen sollen, stehen an fast allen Wänden der Kinder- und Jugend-Kampfsport-Schule. An den Unterkünften, der Küche, den Schulräumen, der Sporthalle. Selbst im Plumpsklo: »Mit vorbildlichem Einsatz für Volk und Vaterland. Fleißig und folgsam sollt ihr sein. Leidenschaftlich und selbstlos, loyal und vertrauenswürdig«. Respekt, Achtung, Beharrlichkeit, Dankbarkeit, Zielstrebigkeit sind weitere erzieherische Schlagwörter, die an den putzbröckelnden Wänden stehen. Und immer wieder geben die Lehrer markige Sprüche zum Besten: »Zeigt dem Gegner eure Stärke, damit er seine Schwäche fühlt«.
Es gibt keine Heizung im Camp. In der Küche und im Speisesaal frisst
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sich Schimmelpilz durch die feuchten Wände. Allerlei Insekten machen sich ein fettes Leben. Das »Badezimmer« mit fließend kaltem Wasser ist unter freiem Himmel und besonders im Winter bei Temperaturen bis minus 15 Grad ein echter Härtetest. Süßigkeiten bekommen die Kinder nur auf Zuteilung. Ein Münztelefon muss für alle reichen. Es gibt kein Geschäft in der Nähe. Keine anderen Kinder, mit denen sie sprechen oder spielen können. Doch das ist egal, denn Ausgang gibt es sowieso nicht. Und ein paar Stunden Freizeit am Stück nur, wenn die Eltern am Sonntag mal zu Besuch kommen. Und trotzdem: Die meisten Kinder werden hier viel besser genährt und gekleidet als zu Hause. Kein Mädchen klagt über Heimweh.
Der »Tagesdienstablaufplan« unter der Woche ist mehr als hart. Die Kinder werden durch die Tage gehetzt: Aufstehen um fünf Uhr 20. Eine Stunde Frühsport. Schule bis 13 Uhr. Danach Training bis zum Zapfenstreich. In den kurzen Pausen sollen die Schüler selbstständig an der »Abstellung ihrer Schwächen« arbeiten. Und wehe, es wird mal jemand auf dem Bett erwischt. Aber das ist nur ganz selten der Fall. Die Shaolin-Schülerinnen legen sogar freiwillig Sonderschichten ein. Üben den Tanz mit dem Säbel, Saltis und Spagat. Spornen sich gegenseitig an. Es macht ihnen wirklich Spaß. Sie wollen die immer gleichen Bewegungen perfektionieren, Körper und Geist in Einklang bringen.
»Die Mädchen werden von uns planmäßig an und dann auch über ihre Grenzen geführt. Shaolin auf hohem Niveau ist die völlige
Harmonie zwischen Körper und Geist. Es gehört viel Verzicht, Demut und Disziplin dazu, um es in diesem Sport zu etwas zu bringen«, erklärt die stellvertretende Camp-Kommandantin Dong Wuu, selbst erst 25 und nur knapp einsvierzig groß, das harte Regiment an der Kung-Fu-Kaderschmiede. »Die Mädchen wissen, worauf sie sich einlassen. Auch, dass sie in eine Männerdomäne, in Jahrhunderte alte Traditionen einbrechen und somit auch für die Gleichberechtigung kämpfen. Da sind starker Charakter und eiserner Wille gefragt.«
Meng Hao-Li und Meng Han-Li sitzen schweigend auf der Treppenstufe unter der roten Fahne. Die eineiigen, neun Jahre alten Zwillinge mit den kecken Seitenzöpfen haben gerade erfahren, dass sie sich trennen müssen. Das erste Mal im Leben. Und dann gleich für mehrere Monate. Meng Hao ist von einem ziegenbärtigen Talent-Scout gesichtet und für gut genug befunden worden, an einer Kung-Fu-Tournee durch halb Europa teilzunehmen. Sie weiß nichts von diesem fernen Kontinent. Sie hat Angst, sagt sie. Will nicht weg von ihrer Schwester und all den lieb gewonnenen Freundinnen im Camp. Doch die Lehrer meinen, sie muss. Das sei ihre große Chance. Eine Ausbilderin nimmt das Mädchen unter der im Wind flatternden Fahne zur Seite, tätschelt ihre Schulter und ermahnt es mit sanfter Stimme und lächelndem Gesicht: »Harte Mädchen weinen nicht«.